Tagebucheintrag eines Kompostwurms

Unsere Wurmkiste in der Lehre

Kompostwurm auf der Hand

© KPH, EK

Datum: 4. April 2024

Ort: Institut für Forschung, Wurmkiste

 

Liebes Tagebuch,

 

heute war wieder einer dieser außergewöhnlichen Tage in meinem Leben als Kompostwurm am Institut für Forschung. Meine Existenz in dieser Wurmkiste ist meist geprägt von einer täglichen Routine: Wir, Individuen der Arten Eisenia foetida, Eisenia andrei und Eisenia hortensis, durchgraben den Kompost, helfen beim Abbau organischer Stoffe und genießen dabei die stetige Dunkelheit, die unser Zuhause umgibt. Doch hin und wieder erlebt jemand von uns kleine Abenteuer, die unsere Tage bereichern.

Am Morgen wurde ich vorsichtig aus meinem gewohnten Lebensraum gehoben. Das Tageslicht, das ich nur selten erblicke, blendete mich zunächst, aber heute war ich auserwählt, um in einer Lehrveranstaltung für die Studierenden teilzunehmen. Ich wurde mitsamt meines zu Hauses, das extra für diesen Anlass über Rollen verfügt, in den Seminarraum gebracht.

Im Seminarraum angekommen, spürte ich die neugierigen Blicke der Studierenden. Viele von ihnen hatten bisher wenig bis keine direkte Erfahrung mit Kompostwürmern wie mir. Ich hörte, wie die Lehrende über die Bedeutung von Kompostwürmern für die Bodenqualität und den ökologischen Kreislauf sprach. Sie erklärte, wie wir Würmer organisches Material in nährstoffreichen Humus umwandeln und somit einen entscheidenden Beitrag zur Bodengesundheit leisten.

Während des Moduls durften die Studierenden mich und meine Mitbewohner:innen genauer betrachten, einige nahmen uns vorsichtig auf ihre Hände, um unsere Bewegung und Struktur besser zu verstehen. Einer meiner Wurmkollegen erzählte von einer Art rhythmischen Massage, die er erlebte, die die Forschenden als Musikhören bezeichneten. Ich muss zugeben, obwohl es zunächst ungewohnt war, bemerkte ich doch ein gewisses Maß an Bewunderung und Respekt in ihren Augen. Es fühlte sich gut an, Wertschätzung für die Arbeit zu erhalten, die wir Tag für Tag verrichten, oft ohne dass es jemand bemerkt.

Nachdem das Lehrmodul beendet war, wurde ich wieder in meine heimische Wurmkiste zurückgebracht. Ich grub mich sofort in den mir so vertrauten Kompost ein, erleichtert und doch irgendwie bereichert durch die Erfahrung des Tages. Es ist eine Ehre für mich, nicht nur ein Teil des ökologischen Kreislaufs zu sein, sondern auch zur Bildung junger Menschen beizutragen.

Ich freue mich bereits auf mein nächstes Abenteuer, auch wenn ich bis dahin glücklich in meinem dunklen, feuchten Zuhause meinen Beitrag leiste. Bis zum nächsten Mal, liebes Tagebuch.

Mit erdigen Grüßen,

Ein Kompostwurm des Instituts für Forschung und Entwicklung

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