Poster: "„Der Papa war ein wenig enttäuscht wahrscheinlich." Männliche (Um-)Wege ins VS-Lehramt“

Unser Poster wurde bei der ÖFEB-Tagung prämiert mit dem Preis der Jury und dem 1. Platz des Publikumspreises

Hier finden Sie das Poster (jpg)

 

 

Literaturliste:
  • Bourdieu, P. (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft (24. Aufl. 2014). Suhrkamp.
  • Bourdieu, P. (1998). Praktische Vernunft. Zur Theorie des Handelns (9. Aufl. 2015). Suhrkamp.
  • Bourdieu, P. (2005). Die männliche Herrschaft (4. Aufl. 2017). Suhrkamp.
  • Busch, A. (2013). Die Geschlechtersegregation beim Berufseinstieg – Berufswerte und ihr Erklärungsbeitrag für die geschlechtstypische Berufswahl. Berliner Journal für Soziologie, 23(2), 145–179. doi.org/10.1007/s11609-013-0220-9
  • Connell, R. (2021). Masculinities (Second edition, reprinted). Polity Press.
  • Glaser, B. G., & Strauss, A. L. (2008). Grounded theory: Strategien qualitativer Forschung (1. Nachdr. der 2., korrig. Aufl.). Huber.
  • Kelle, U., & Kluge, S. (2010). Vom Einzelfall zum Typus: Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung (2., überarb. Aufl.). Springer VS.
  • Keller, R. (2012). Das interpretative Paradigma. Eine Einführung. Springer VS.
  • Lenz, I. (2010). Intersektionalität: Zum Wechselverhältnis von Geschlecht und sozialer Ungleichheit. In R. Becker & B. Kortendiek (Hrsg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung (S. 158–165). Springer VS. doi.org/10.1007/978-3-531-92041-2_19
  • Rosenthal, G. (2015). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung (5., akt. u. erg. Aufl.). Beltz Juventa.
  • Schütze, F. (1983). Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis, 13, 3, 283–293.
  • Statistik Austria (2024). Bildung in Zahlen 2022/23. Schlüsselindikatoren und Analysen. Wien. www.statistik.at/services/tools/services/publikationen/detail/1878
  • Tippelt, R. (2020). Idealtypen konstruieren und Realtypenverstehen – Merkmale der Typenbildung. In J. Ecarius & B. Schäffer (Hrsg.), Typenbildung und Theoriegenerierung. Methoden und Methodologien qualitativer Bildungs- und Biographieforschung (2., überarb. u. erw. Aufl., S. 207–221). Barbara Budrich; JSTOR. https://doi.org/10.2307/j.ctvtxw2zx

 

Typologie:

Dimensionen für die Typologie:

  1. Gab es bildungs- und berufsbezogene Aspirationen nach der Schule?
  2. Entsprach(en) urspr. Ausbildung(en) den beruflichen Vorstellungen?
  3. Gab es eine Habitus-Feld-Passung?
  4. Ist der Übergang ins VS-Lehramt linear verlaufen?

Typ 1: (Aus)weg aus Orientierungslosigkeit:

  • Fälle dieses Typus konnten sich vor Aufnahme des VS-Lehramts weder im beruflichen noch im akademischen Bereich etablieren. Nach absolvierter Matura gelang es nicht, klare bildungs- und berufsbezogene Aspirationen zu entwickeln und eine passende Ausbildung zu beginnen.

Typ 2: (Aus)weg aus beruflicher Sinnkrise 

  • Ursprünglich hohe Zielgerichtetheit in der Bildungs- und Berufsbiographie. Die Fälle konnten sich in verschiedenen Berufssparten über mehrere Jahre erfolgreich beruflich etablieren. Die ursprünglich gewählte Tätigkeit wird jedoch nicht länger als erfüllend bzw. passend erlebt, was zu einer beruflichen Sinnkrise führte und im VS-Lehramt mündete.

Typ 3: (Aus)weg aus prekärer akademischer Platzierung

  • Fälle dieses Typus hatten bildungs- und berufsbezogene Aspirationen entwickelt. In den gewählten Studienrichtungen konnten sie sich jedoch mehrfach nicht erfolgreich platzieren. Sie revidierten ihre Bildungsambitionen nach unten. Dieser unternommene „Schritt zurück“ in das weniger leistungsintensive VS-Lehramt bietet eine Statusalternative innerhalb des tertiären Ausbildungswesens.

Typ 4: Bruch mit den elterlichen Erwartungen

  • Fälle dieses Typus verfolgten mit ihren ursprünglich gewählten Ausbildungswegen zunächst ein klares berufliches Ziel. Dieses Ziel entsprach jedoch eher den elterlichen (väterlichen) Erwartungen. Noch während der Ausbildungszeit entsteht ein Konflikt zwischen dem eigenen beruflichen Wunsch und den Erwartungen der Eltern, aus denen sie schließlich ausbrechen. Der Lehrberuf bietet eine bessere Habitus-Feld-Passung für sie.

 

Vorläufige Zentrale Erkenntnisse
  • Die Berufswahl zum VS-Lehramt verläuft bei allen Männern im Sample unilinear über Umwege.
  • Die Wege ins VS-Lehramt sind dabei allerdings sehr unterschiedlich.
  • Vom Plan D über die berufliche Veränderung zu einem "sinnvollen Beruf" oder "sozialen Beruf" hin zur urprünglichen Aspiration des Lehrers gibt es verschiedene Pfade.
  • Der Weg zum männeruntypischen Volksschullehrberuf ist demnach von großen geschlechterstereotypen Barrieren besetzt, die überwunden werden müssen.
  • Männer haben großen Legitimationsbedarf im sozialen Umfeld gegenüber ihrer untypischen Berufswahl.

 

Erkenntnisse für die Lehrer:innenbildung
  • Der Weg ins VS-Lehramt ist stark von Geschlechterstereotypen geprägt, was hinderlich für eine Professionalisierung des Lehrberufs ist.
  • Für einen professionellen Beruf dürfte Geschlecht keine Rolle spielen.
  • Das VS-Lehramt bedarf einen neuen Anstrich, um ihn (inklusiv) für alle Menschen - und nicht nur Frauen - attraktiv zu machen.

 

Ausblick

Analyse auf Basis feldtheoretischer Überlegungen nach Bourdieu.

Analyse auf Ebene der Habitus-Feld-Passung nach Bourdieu, Kramer, Schmitt.

Analyse auf genderspezifischer Ebene nach Connell - hegemoniale Männlichkeit etc.

Analyse auf intersektionaler Ebene zwischen Geschlecht und Klasse