Unterrichtsentwicklung zentral für bessere Leistungen
Die Studie, die an englischen Sekundarschulen durchgeführt wurde, liefert Erkenntnisse darüber, wie Lernfortschritte von Lernenden durch Schulleadership und Schulentwicklung verbessert werden können. Das SQTE-Projekt, das als Reaktion auf eine Empfehlung der OECD aus dem Jahr 2016 speziell für Österreich durchgeführt wurde, zeigt auf, welche Interventionen und Maßnahmen besonders effektiv sind, um schulischen Leistungen zu verbessern – insbesondere in Schulen in herausfordernden Lagen. Das Mixed-Methods Projekt zielte darauf ab, Best Practices aus anderen Ländern für die Schulentwicklung in Österreich zu identifizieren und nutzbar zu machen. In der Folge werden die quantitativen Hauptergebnisse des Projektes vorgestellt, wie sie in dem Artikel mit dem Titel „A focus on quality of teaching in schools increases students’ progress of attainment. Evidence from English secondary schools“ in dem Top Journal „School Effectiveness and School Improvement” veröffentlicht werden (ein Pre-Print des Artikels finden Sie hier).
Die SQTE-Studie zeigt, dass Schulen, in denen die Qualität des Unterrichts konsequent im Zentrum der schulischen Aktivitäten steht, signifikante Verbesserungen in den Lernergebnissen der Schüler:innen verzeichnen. Diese Fokussierung auf eine hohe Unterrichtsqualität umfasst Maßnahmen wie die gezielte Unterstützung der Lehrkräfte bei der Weiterentwicklung ihrer Unterrichtsmethoden und ihres Classroom Managements und die regelmäßige Reflexion der eigenen Praxis auf der Basis von Ergebnissen der Schulqualitätsforschung. Schulen, die solche Ansätze systematisch verfolgen, schaffen eine Lernumgebung, in der die Lernenden deutlich größere Fortschritte erzielen. Diese Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle, die die Unterrichtsentwicklung für den schulischen Erfolg spielt, und liefern wichtige Impulse für Schulen in Österreich, die ihre pädagogische Praxis weiter verbessern möchten.
Kollegiale Hospitationen fördern die Verbesserung von Lernergebnissen
Im Zentrum der Studie stand auch die Rolle von Unterrichtsbeobachtungen bzw. Hospitationen als Schulentwicklungsstrategie – sowohl durch Schulleitungen als auch kollegiales Feedback – und deren Einfluss auf die Schülerleistungen. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Schulen, die einen starken Fokus auf kollegiale Hospitationen legen, signifikante Fortschritte bei ihren Schüler:innen verzeichnen können.Je häufiger in den Schulen kollegiale Hospitationen durchgeführt werden, umso stärker ist der Fortschritt der Lernenden in den Schulen (gemessen durch den Progress 8 Score). Für Hospitationen durch Schulleitungen konnten – zumindest in der vorliegenden Studie – keine signifikanten Effekte auf Lernfortschrittsdaten von Schulen ausgemacht werden, was nicht bedeutet, dass solche Effekte nicht vorhanden sind, wie sie in anderen Studien gezeigt werden konnten.
Der besondere Wert von kollegialem Feedback liegt darin, eine Kultur des offenen Austauschs und der kollegialen Unterstützung zu fördern. Lehrkräfte, die häufiger von einem Kollegen oder einer Kollegin beobachtet werden, erhalten direktes Feedback, das ihnen ermöglicht, ihre Unterrichtsmethoden gezielt zu reflektieren und zu verbessern. Darüber hinaus findet kollegiales Feedback meist in einem weniger formalen und bewertenden Rahmen statt als die Beobachtungen durch die Schulleitung, was eine offenere und produktivere Atmosphäre schafft, in der Lehrkräfte eher bereit sind, neue Ansätze auszuprobieren und aus ihren Erfahrungen zu lernen.
Ableitungen für die Praxis von Schulen und die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften in Österreich
Was können wir in Österreich davon lernen? Die OECD hatte in ihrem Bericht von 2016 die österreichischen Schulen dazu aufgefordert, verstärkt auf pädagogische Führung und evidenzbasierte Schulentwicklungsstrategien zu setzen. Dazu wurden in Österreich schon viele Schritte gesetzt. Die vorliegende Studie liefert nun weitere auf empirischer Forschung basierende Hinweise darauf, welche Zugänge dies in der Praxis unterstützen können:
1) Die Förderung von auf harter Forschung (Educational Effectiveness and Improvement Research) basierender Unterrichtsentwicklung in den Schulen, wobei hierzulande Schulleitungen für entsprechende Aktivitäten noch weiter von überbordenden administrativen Belastungen befreit werden müssten – einige positive Schritte in diese Richtung wurden in den letzten Jahren schon gesetzt; und
2) die Förderung von kollegialem Feedback auf verschiedenen Ebenen, z.B. in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften und Schulleitungen, in der schulinternen Qualitätsentwicklung und auf der Ebene von Bildungsdirektionen, Bildungs-NGOs und der Bildungspolitik. Insbesondere die Förderung von ganz praktischen, aus der Forschung abgeleiteten effektiven Unterrichts- und Classroom-Managementtechniken, die dann in Unterrichtssettings ausprobiert werden könnten, wären in diesem Zusammenhang in Österreich von zentraler Bedeutung, da entsprechende innovative Ansätze, wie sie in anderen Ländern bereits weit verbreitet sind, in Österreich noch zu wenig Beachtung finden (siehe dazu auch eine Publikation von Bernhard/Greiner, 2022).
Mit der Einführung des Qualitätsrahmens für Schulen und der Plattform IQES wurden hierzulande schon wichtige Schritte in die Richtung von Unterrichtsentwicklung und kollegialem Feedback gesetzt und wirksame Werkzeuge für deren Einführung bereitgestellt. Diese Zugänge weiter zu verbreiten und sie noch stärker in der Praxis zu verankern, wäre im Sinne der hier präsentierten Forschung für das österreichische Bildungssystem sehr förderlich.
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass eine klare Ausrichtung auf die Qualität des Unterrichts und die Einführung effektiver Peer-Observation-Systeme von entscheidender Bedeutung für den schulischen Erfolg sind und das Potenzial haben, Lernergebnisse nachhaltig zu verbessern.