Schule anders denken: das Schulformat OPENschool

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Lernbüros, eigenverantwortliches Lernen und ein offener Stundenplan: Das Konzept der OPENschool zeigt in beeindruckender Weise auf, was in unserem bestehenden Bildungssystem alles möglich ist. Wir haben Mitbegründer und Mastermind Markus Haider zum Interview gebeten.

 

Herr Haider, was ist das Besondere und Einzigartige am Schulformat OPENschool?

Es gibt sehr viele Aspekte, die anders sind, als man sich Schule vorstellt:

  • Der lernende Mensch steht bei uns im Vordergrund: Schülerinnen und Schüler, aber auch die Coaches (Lehrer*innen), Eltern und externen Expert*innen – alle lernen bei uns voneinander!
  • Wir wollen eine Schule des Tuns und der Realitätsnähe – was findet rundherum tatsächlich statt?
  • Es gibt drei Lernzonen: ein Lernbüro (inspiriert durch Margret Rasfeld/Schule im Aufbruch), Workshops (themenorientiert und transcurricular mit Expert*innen von außen) und das OpenLab für schüler*innengeführte Projektarbeit mit regelmäßigem Lerncoaching.
  • Es gibt viel Selbstverantwortung, viel Selbsteinteilung von den Jugendlichen und dabei viel Begleitung.
  • Wir arbeiten schulstufenübergreifend (7./8. Schulstufe), 50 Jugendliche und fünf Coaches arbeiten die ganze Woche zusammen, damit haben wir auch zwei Klassenräume und den Gang dazwischen, den wir gestalten können als Silent Office, Co-Working-Space und Marktplatz. Dazu nützen wir auch die normalen Fachräume der Schule.
  • Was uns wichtig ist: Wir kommen nicht mit den Rahmenbedingungen in Konflikt! Alle Gesetze, Vorgaben und Verordnungen werden erfüllt, wir haben auch ein normales Ziffernzeugnis, die Kriterien erarbeiten wir partizipativ mit den Jugendlichen.

 

Warum habt ihr es für die Sekundarstufe 1 konzipiert und zu Beginn in einer Mittelschule umgesetzt und nicht in einer AHS?

Wenn man sich das Bildungssystem ansieht, gibt es (auch international gesehen!) ein tolles Angebot für die Oberstufe, aber die 7. und 8. Schulstufe ist unterrepräsentiert. Die Pubertät ist eigentlich im österreichischen Schulsystem nicht abgebildet! Die Jugendlichen haben in dieser Phase andere Bedürfnisse – und es ist lohnenswert, darauf einzugehen! Deswegen wollten wir dort starten, als Schulzweig mit einem anderen Fokus und Schulalltag als bisher – und damit in jeder AHS und Mittelschule positionierbar.

In Mittelschulen ist der fachfremde Einsatz der Lehrkräfte explizit möglich und es gibt weniger Vorbehalte im Kollegium, daher war die Idee in einer Mittelschule leichter umzusetzen.

 

Wie ist die Idee zur OPENschool entstanden?

Mein Kollege Roland Reichert-Mückstein und ich hatten die Idee eigentlich unabhängig voneinander. Bis zum letzten Tag meiner Unterrichtstätigkeit habe ich mir die Frage gestellt: Wie geht Unterrichten eigentlich? Da habe ich immer weitergesucht und mich mit Entwicklungspsychologie, Sozialforschung etc. auseinandergesetzt. Prägend für mich war dann letztlich der Global Goals Kongress in Berlin, wo ich Menschen aus aller Welt getroffen und mich endlich verstanden gefühlt habe. Da habe ich erkannt: Bildung ist etwas Globales! Und wir können sie mitgestalten! Ich habe mir dann die Rechtstexte zum österreichischen Bildungssystem durchgelesen und gesehen, dass die eigentlich ursuper sind – nur findet in der Realität etwas ganz Anderes statt! Schule ist wie eine Parallelwelt zur Realwelt.

Roland ist dann mit mir in die Diskussion eingestiegen und wir haben gemeinsam philosophiert und ein Manifest für „unsere“ Schule erstellt:

  • Es soll keine Privatschule sein, sondern im öffentlichen System stattfinden und möglichst viele Nutznießer haben.
  • Es soll am Bestehenden andocken können und nicht anderen „auf den Schlips treten.“
  • Es soll ein Konzept sein für all die Lehrer*innen, die anders arbeiten wollen – weil die in unserem System unter den Rost fallen.

 

Was ist der Mehrwert für die Lehrer*innen?

Die Coaches können viel flexibler ihren Arbeitsalltag gestalten, sie sind viel näher an den Jugendlichen dran, kennen sie extrem gut und können sie extrem gut begleiten – jeder Coach hat rund zehn Schüler*innen! Man ist schnell im Austausch und viel näher an den Bedürfnissen der Lernenden. Außerdem arbeiten die Lehrer*innen nur in der Schule und nichts zuhause, es gibt auch keine Verbesserungen wie in einem normalen Schulalltag.

 

Was waren eure Learnings in der Umsetzung?

Beinhart war das Loslassen vom alten Lehrerklischeebild! Man hat da eine sehr starke Sozialisation, und das Loslassen und Vertrauen in die Schülerinnen und Schüler braucht viel Mut, Beharrlichkeit und Resilienz – aber es lohnt sich! Jugendliche haben eine Power, die man nur entfesseln kann, wenn man ihnen nicht im Weg steht.

Eine Herausforderung sind auch Sozialkonflikte in diesem Rahmen – wir haben ja in einer Brennpunktschule im 20. Wiener Gemeindebezirk begonnen. Aber wir arbeiten da viel mit Experten und Profis von außen zusammen, um Probleme zu lösen und nicht zuzuschütten. Am Ende ist es egal, welchen Hintergrund ein Kind hat – es funktioniert, weil unsere Lernform der Natur des Menschen entspringt!

 

Danke für das Gespräch!

 

Sie sind neugierig, wie Sie das Konzept der OPENschool auch in Ihrer Schule umsetzen können? Kontaktieren Sie uns! Wir begleiten Schulen bei der Umsetzung neuer Ideen und Strukturen!

Weitere Informationen zur OPENschool finden Sie hier.

 

Michaela Waldherr

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