Vortrag in Oxford: TEPACE-Projekt

Im Rahmen einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz stellte Roland Bernhard gemeinsam mit Martin Brestovanský (Slowakei), Verónica Fernandez (Spanien), Tom Harrison (Großbritannien) und Tiarnach McDermott (Großbritannien) die ersten Ergebnisse des europäischen Forschungsprojekts TEPACE (Teachers’ and Parents’ Perspectives on Character Education in Europe) vor. Das Projekt untersucht, wie Lehrkräfte und Eltern in neun europäischen Ländern Persönlichkeitsbildung in Schulen bewerten.

© Roland Bernhard

Das TEPACE-Projekt: Eine europaweite Untersuchung

Das KPH-Projekt TEPACE (Teachers’ and Parents’ Perspectives on Character Education in Europe) ist die erste groß angelegte internationale Studie zur Wahrnehmung von Persönlichkeitsbildung in Schulen in Europa und wurde von der European Character and Virtues Association in Kooperation mit der KPH Wien/NÖ gestartet. Das Projekt wird von Prof. Dr. Roland Bernhard geleitet, der ein Projektteam von 37 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus neun verschiedenen europäischen Ländern koordiniert. 

In Zusammenarbeit mit Universitäten aus Österreich, der Slowakei, Spanien, Großbritannien, Polen, Lettland und der Tschechischen Republik wurden bisher bereits mehr 2.650 Lehrkräfte und 7.900 Eltern befragt. Diese ersten Ergebnisse wurden in Oxford präsentiert.

Ziel der Studie ist es, herauszufinden:

  • Welche Faktoren für Eltern bei der Schulwahl entscheidend sind
  • Ob und in welchem Maße Lehrkräfte und Eltern Charakterbildung als wichtig für die schulische Bildung erachten
  • Welche Charakterstärken in verschiedenen Ländern priorisiert werden
  • Wie Eltern und Lehrkräfte das Verhältnis von Persönlichkeitsbildung zu Förderung von akademischer Leistung bewerten
  • Welche Methoden Lehrkräfte bevorzugen, um Persönlichkeitsbildung in den Unterricht zu integrieren

Erste Ergebnisse der TEPACE-Studie

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Eltern als auch Lehrkräfte Charakterbildung als essenziell betrachten. Dabei gibt es jedoch nationale Unterschiede in der Gewichtung bestimmter Charakterstärken. Ehrlichkeit, gutes Urteilsvermögen, Resilienz und Höflichkeit werden in den meisten Ländern von beiden Gruppen als besonders bedeutend für die schulische Erziehung angesehen.

Auffällig ist, dass in Österreich sowohl Eltern als auch Lehrkräfte „Engagement und Dienst am Gemeinwohl“ als zentrale Haltung weit stärker betonen als in anderen Ländern. In Großbritannien hingegen steht für Lehrkräfte vor allem die Resilienz im Mittelpunkt der Charakterbildung.

Bei der Schulwahl legen Eltern besonderen Wert auf die Werteorientierung der Schule sowie auf die Qualität des Unterrichts. Aus Sicht der Eltern sind die wichtigsten Bildungsziele ihrer Kinder „die Fähigkeit, eine gute Person zu sein“, „gute Beziehungen zu entwickeln“ und – insbesondere in Ländern wie Österreich, Tschechien und Spanien – „glücklich zu sein“. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Persönlichkeitsbildung aus Sicht der Eltern.

Interessanterweise sind sowohl 87 % der befragten Eltern als auch 91,6 % der Lehrkräfte der Ansicht, dass eine stärkere Fokussierung auf Charakterbildung die schulischen Leistungen der Schüler positiv beeinflusst. Dies deutet darauf hin, dass sich aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse über den positiven Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsbildung und schulischen Leistungen bereits unter Lehrkräften verbreitet haben.

Lehrkräfte gehen davon aus, dass die Persönlichkeitsbildung in die Fächer integriert werden sollte. 

Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass Lehrkräfte in fast allen europäischen Ländern davon ausgehen, dass Eltern mehr Wert auf akademische Leistungen als auf Charakterbildung legen – diese Annahme ist jedoch nicht korrekt. Eltern wiederum glauben, dass Lehrkräfte Charakterbildung weniger wichtig finden, als sie selbst es tun – auch dies ist eine Fehleinschätzung. Die Studie zeigt damit auch eine Kommunikationslücke zwischen Eltern und Lehrkräften hinsichtlich der tatsächlichen Prioritäten beider Gruppen.

Bedeutung für die Bildungslandschaft in Europa

Die TEPACE-Studie bietet Erkenntnisse für Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker, Schulverwaltungen und Forschende. Sie zeigt, dass Persönlichkeitsbildung europaweit als zentrale Aufgabe von Schulen wahrgenommen wird, aber oft noch unzureichend strukturiert ist. Besonders im Hinblick auf globale Herausforderungen wie soziale Ungleichheit, digitale Transformation und politische Polarisierung kann eine gezielte Förderung von Charakterstärken helfen, junge Menschen auf die Zukunft vorzubereiten und damit individuelles und gesellschaftliches “Gedeihen” (flourishing) begünstigen.

Der Vortrag in Oxford trug zur internationalen Debatte über Persönlichkeitsbildung bei und unterstrich die Bedeutung einer evidenzbasierten Schulentwicklung mit Fokus auf Wertebildung. 

Mehr Informationen zum TEPACE-Projekt: Link zur Projektbeschreibung

Artikel - Conference Preceeding zum Nachlesenhttps://www.jubileecentre.ac.uk/wp-content/uploads/2025/01/Martin-Brestovansky-et-al.pdf 

 

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