Forschung: Lehrkräfte für mehr Charakterbildung

Evelyn Kropfreiter (Uni Salzburg und KPH Wien/Krems) und Roland Bernhard (KPH Wien/Krems) veröffentlichten gemeinsam mit Tiarnach McDermott (Uni Oxford) einen Artikel im renommierten Journal of Moral Education.

© Roland Bernhard

Der Beitrag ist innerhalb des von Roland Bernhard geleiteten internationalen TEPACE Projektes der KPH Wien/Krems entstanden und beleuchtet mit dem Titel „Austrian secondary school teachers’ views on character education: Quantitative insights from a mixed-methods study“ die Einstellungen und Ansichten österreichischer Sekundarstufenlehrkräfte zur Charakterbildung. 

In der Folge die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

1. Hohes Ansehen der Charakterbildung unter Lehrkräften

Ein überwältigender Anteil der befragten Lehrkräfte (94,6 %) betont die Wichtigkeit der Charakterbildung für Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 14 Jahren noch vor guten Prüfungsleistungen. Die Lehrkräfte glauben fest daran, dass die Entwicklung guter Charaktereigenschaften bedeutender für die Lernenden ist, als rein akademische Erfolge.

2. Bedeutung moralischer Charakterstärken

Die Studie zeigt, dass Lehrkräfte insbesondere moralische Tugenden wie Mitgefühl (20,7 %) und Ehrlichkeit (15,8 %) als besonders wichtig erachten. Diese wurden am häufigsten als die wichtigsten Charakterstärken genannt, die die Lernenden im Laufe ihrer Schulzeit entwickeln sollten. Auch die Entwicklung von gutem Urteilsvermögen sowie Resilienz, die zu den "intellectual" bzw. “performance virtues” zählen, ist den Lehrkräften sehr wichtig. 

3. Hindernisse im Bildungssystem

Trotz der starken Unterstützung für Charakterbildung sehen 57 % der Lehrkräfte Hindernisse innerhalb des österreichischen Bildungssystems. In diesem Zusammenhang wird angegeben, dass ein wahrgenommener Fokus auf standardisierte Testungen bisweilen die ganzheitliche Entwicklung in der Schule behindern kann. Es wird bemängelt, dass ein aus der Sicht der Lehrkräfte überladener Lehrplan wenig Raum für systematische Charakterbildung lassen.

Fazit: Mehr Charakterbildung

Die Publikation unterstreicht die dringende Notwendigkeit, Charakterbildung stärker in das österreichische Schulsystem zu integrieren. Die Ergebnisse zeigen, dass Lehrkräfte eine “ganzheitliche Bildung”, die sowohl Leistungen als auch charakterliche Entwicklung fördert, unterstützen. In diesem Sinne belegt eine Metaanalyse aus dem Jahr 2017, dass Charakterbildung nicht nur Charakterstärken zu entwickeln imstande ist und damit Schulkultur verbessert, sondern auch messbare Leistungen bei standardisierten Tests erhöht. Die Einführung von Charakterbildung wurde in einer Publikation in der Zeitschrift SchulVerwaltung von Roland Bernhard und Tom Harrison (Universität Birmingham) aus diesem Grund auch als “evidenzbasierte Schulentwicklung” bezeichnet. 

Der Volltext des Artikels ist open access unter diesem Link abzurufen: Journal of Moral Education.

Bereits im Juni 2024 wurden die Projektergebnisse in Rom auf der internationalen wissenschaftlichen Konferenz der European Character Virtues Association vorgestellt. Siehe Bild unten (von links nach Rechts: Roland Bernhard, Evelyn Kropreiter, Tiarnach McDermott)

 

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