Blitzlicht Nr. 1 - Zentrum für Digitalisierung

Subtitel Nr. 1

Die grundlegenden Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen in analoger Form haben Zuwachs bekommen. Der Einsatz digitaler Medien beeinflusst nicht nur das Kommunikations- und Interaktionsverhalten der Gesellschaft, sondern verändert langfristig auch die Lehr- und Lernzugänge. Digitale Kompetenz lautet die neu zu erwerbende Fähigkeit, die auch in der Hochschullehre ein Überdenken der Didaktik erfordert. Als größte, private Pädagogische Hochschule Österreichs betrachtet es die KPH Wien/Krems demnach als eine ihrer Pflichten, Innovationen in diesem Bereich mit Qualitätsanspruch zu begegnen.

Mit dem Bestreben, verstärkt eine entwickelnde und beratende Funktion zu übernehmen, wurde das ehemalige servicezentrierte Medienzentrum umstrukturiert. Unter dem neuen Namen Zentrum für Digitalisierung wird es seit Februar 2018 als Teil der Beratungszentren der KPH Wien/Krems geführt, um Lernende und Lehrende im Einsatz mit digitalen Tools zu unterstützen sowie Expertise in der Schul-, Unterrichts- und Professionsentwicklung zu leisten.

 

 

Erstes Ziel

Unter dem Titel „Lernen 4.0“ stellten sich die Expert*innen des Zentrums für Digitalisierung im Zuge des vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung initiierten Projekts „Schule 4.0 – jetzt wird’s digital“ der Herausforderung, im Rahmen eines großen Schulentwicklungsprojektes den Weg in eine digitale Schule in Beratertandems zu begleiten. Zeitgleich entstand am Campus Wien-Strebersdorf das Learning and Teaching Center 4.0, mittlerweile bekannt als LTC 4.0. Ein Meilenstein in der digitalen Bildung der Primar- und Sekundarstufe, der als große Bereicherung für Schulentwicklung, Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildung an der KPH Wien/Krems angesehen wird.

 

Lern[T]raum

Willkommen in einer Welt, in der sowohl Lernbereitschaft als auch Kreativität gefördert, Spontanität ermöglicht und fächerübergreifendes Arbeiten zum Erlebnis wird. Eine Welt, die nicht nur Verknüpfungen zu wesentlichen Inhalten aus aktuellen Lehrplänen zulässt, sondern junge Lernende ebenso animiert, die elektronischen Funktionsweisen hinter diversen Tools spielerisch und kreativ zu erforschen. Eine Welt, die digitaler sowie analoger nicht sein könnte und dennoch oder vielleicht gerade deshalb Wohlfühlathmosphäre vermittelt. Willkommen im Learning and Teaching Center 4.0, der interaktiven Lernwelt der KPH Wien/Krems.

 

„Leben im Raum“

In Anlehnung an diverse Theorien selbstgesteuerten Lernens wurde bei der Gestaltung des LTC 4.0 neben der Vermittlung informatischer Grundbildung auch verstärkt der Raum als „dritter Pädagoge“ in den Vordergrund gestellt. Der wissenschaftlich nachgewiesene Einfluss von Licht, Farben und Flexibilität auf Leistung und Aufmerksamkeit spielte dabei eine wesentliche Rolle. Das Mobiliar des Zentrums sollte beweglich und je nach Bedarf erweiterbar sein. Die Gestaltung der vier Lernzonen – Interact, Investigate, Exchange und Present – ist demnach stark nutzerbezogen. Der Raum wird von jeder Personengruppe, die darin arbeitet in unterschiedlicher Form zum Leben erweckt. Ebenso vielfältig sind die zur Verfügung stehenden Lernmedien: BeeBots & BlueBots, LegoWeDo, Ozobots, Interactive Whiteboard, Green Screen, Cubetto sowie Makey Makey laden, gemäß dem Motto „Denken lernen, Probleme lösen“, gemeinsam mit vielen anderen Digital Tools zum individuellen Einsatz ein.

 

Für spontane Erkundungstouren steht die Tür des LTC 4.0 zur multisensorischen Welt der KPH Wien/Krems fast jeden Dienstag als Open Space für Studierende und Lehrende geöffnet. Vor Ort können Materialen erprobt, Impulse für den eigenen digitalen Unterricht gesammelt sowie über technische Hintergründe mit Mitarbeiter*innen des Zentrums gefachsimpelt werden. Neben dem im Zuge des Projektes „Digitales Lernen“ wöchentlich stattfindenden Besuch von Schüler*innen der PVS Strebersdorf gebührt vor allem den Studierenden nicht nur im Medienschwerpunkt das Privileg der Hauptnutzung.

 

Im Gespräch

Wer A sagt, muss auch BeeBot sagen. Eine Anforderung, die ohne fachliches Hintergrundwissen nur schwer zu bewerkstelligen ist. Das nötige Knowhow und Interesse dafür liefert u.a. Manfred Tetz. Er ist der Koordinator des Zentrums für Digitalisierung, das er selbst lieber als „Zentrum für Lehren & Lernen mit digitalen Medien“ betiteln würde. Dem studierten Wirtschaftspädagogen fehlt der Namensbezug auf die Didaktik: „Wir werden oft mit dem IT-Service verwechselt.“ Die Kernaufgabe des Zentrums sieht Tetz in der Beratung und Begleitung. Er betont ebenso die Verwechslungsgefahr zwischen dem Lernen mit und dem Lernen über digitale Medien. Den Überblick zu bewahren, Projekte zu initiieren und zu begleiten sowie Schwerpunkte zu setzen gelten dabei als seine Hauptaufgaben.

 

„Nicht alles muss digital sein!“

Manfred Tetz hat sich jedoch eine ganz persönliche Aufgabe gestellt, worauf auch sein Interesse für die Arbeit mit digitalen Medien beruht. Er sucht nach dem Mehrwertgedanken und einer Rechtfertigung für die zunehmend digitaler werdende Welt: „Was tun wir unseren Kindern und Schülern eigentlich damit an?“ Dieser Frage und der damit verbundenen Angst stelle er sich vor allem im Hinblick auf Umwelt und Gesundheit.

 

Das Zentrum für Digitalisierung fördert einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien, Techniken und Inhalten. Was bedeutet das für Sie konkret?

„Es ist wichtig, Medien aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Die Nutzung digitaler Tools sollte keinesfalls willkürlich passieren. Natürlich ist es mir bewusst, die digitale Welt nicht leugnen zu können, aber in vielen Fällen wird sie zu früh betreten. Diesbezüglich sollten in erster Linie Eltern und Erziehungsberechtigte mit einbezogen und vielleicht auch erzogen werden. Der einfache Zugang zur digitalen Welt darf nicht missbraucht werden. Ich rate zu einer gezielten reflektierten Nutzung.“

 

Im „richtigen Vorleben“ sieht Manfred Tetz den Schlüssel für die Entwicklung der eigenen Urteilsfähigkeit: „Kinder müssen sich selbst finden.“ Selbst gefunden hat sich der gebürtige Bisamberger vor seiner pädagogischen Karriere in den unterschiedlichsten Genres. Musik, Segeln und Gastronomie haben ihm den nötigen Freiraum gegeben, sein Interesse an „neuem Denken und neuem Erleben“ auszukosten.

 

„Neues Denken und Erleben“ wird auch im LTC 4.0 vermittelt, an dessen Gestaltung Sie maßgeblich beteiligt waren. Welches Gefühl hatten Sie, als der Raum fertig war?

„Es war cool und zugleich befreiend. Die positiven Reaktionen von Lernenden und Lehrenden waren überwältigend. Endlich konnten wir in einem Raum alle unsere Ideen sichtbar machen.“

 

In welcher Zone arbeiten die Lernenden am liebsten?

„Diese Frage ist nicht wirklich zu beantworten, da die Zonen ineinander verfließen und somit flexibel einsetzbar sind.“

 

Was raten Sie Schulen, die sich in den Bereichen digitale Kompetenzvermittlung und Medienbildung weiterentwickeln möchten?

„Je mehr Digitalisierung, desto mehr Überforderung. Es ist wichtig, über einen sinnvollen Einsatz nachzudenken und diesen auch zu vermitteln. Die Mischung aus analogen und digitalen Medien macht es aus. Der Einsatz eines Smartboards ist toll. Dennoch wäre es übertrieben, jede Klasse damit auszustatten.“

 

Manfred Tetz‘ Interesse an Nachhaltigkeit ist nicht zu verbergen. Ob es Projekte in diese Richtung geben wird, ist Zukunftsmusik. Nachdem er sich selbst allerdings als „spontan, verrückt und forschend“ beschreibt, darf man gespannt sein. Ihm ist aber sehr wohl bewusst, dass eine derart qualitätsvolle Arbeitsleistung, wie sie im Zentrum für Digitalisierung täglich beobachtbar ist, nur mit Rückhalt eines schlagkräftigen Teams funktionieren kann. Dafür ist er dankbar.

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