ANITA SUMMER - Mathematikliebe.

Institut Ausbildung

Die Lehre übers Lehren

Tiefe Einsicht gewähren, einen handlungsorientierten Zugang liefern und Begeisterung wecken. Neben der Vermittlung von Basiswissen gelten jene drei Eckpfeiler als Orientierungspunkte für Lehrkräfte von der Primarstufe bis hin zum Hochschullehrgang. Ob Mathematik, Deutsch, Psychologie oder Rechtswissenschaften, grundlegend sind in jedem Fall die Einführung und darauffolgende tiefere Auseinandersetzung mit der entsprechenden Materie. Im Bereich der Lehrer*innenausbildung gilt es jedoch ein wesentliches Merkmal zu berücksichtigen. Entscheidend ist hier nicht ausschließlich das Fachwissen, sondern auch die Vermittlung von Methodik, Didaktik sowie Freude und Engagement bei der Weitergabe des eigenen Wissens.

Anita Summer ist eine jener Pädagog*innen, deren beruflicher Alltag nach diesen Prämissen ausgerichtet ist. „Aha-Erlebnisse“ von Studierenden bezeichnet die Hochschulprofessorin als besondere Highlights und Aussagen wie „Hätte ich das im Kindesalter ähnlich vermittelt bekommen, hätte ich es in der Schule verstanden“ versteht sie als Erfolgsindikator ihres Unterrichts. Seit 2010 unterrichtet sie mit voller Lehrverpflichtung und aus Leidenschaft „Fachdidaktik Mathematik“ in der Primarstufenausbildung an der KPH sowie der Universität Wien.

 

Pädagogik in mehreren Welten

Ihre ersten Kontakte mit dem Institut hatte sie bereits vor knapp 30 Jahren als sie als Studierende ihre VS-Lehrer*innen-Ausbildung an der damaligen PÄDAK begann. Nachdem Summers berufliche Karriere als Assistentin für Deutsch in einem Gymnasium im französischen Le Puy en Velay startete, sammelte die Niederösterreicherin pädagogische Erfahrungen rund um den Globus.

Im Gespräch

Sie hinterließen Spuren in Schweden, Mittelamerika und Japan. Welche Erfahrungen haben Sie dort besonders geprägt?

„Während meines 14-monatigen Aufenthaltes in Costa Rica arbeitete ich als Integrationslehrerin in der Elementar- sowie Primarstufe mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Eine unglaubliche Erfahrung, die mich dazu animiert hat, berufsbegleitend das Diplomstudium der Sonder- und Heilpädagogik zu absolvieren.“

 

Die Liebe zur Mathematik entwickelte sie auf den zweiten Blick im Zuge ihrer Montessori-Diplomausbildung. „Die Materialien des mathematischen Bereichs faszinierten mich besonders und brachten mich zu meiner Dissertation“, verrät sie zurecht stolz. Im Jahr 2008 wurde ihre Arbeit zum Thema „Mathematikleistungen von Kindern in Montessori Einrichtungen“ mit dem „Österreichischen Staatspreis für kindgemäße Pädagogik“ gewürdigt.

 

Dass es ohne Fleiß keinen Preis gibt, scheint die motivierte Kämpfernatur bereits in ihrer Kindheit gewusst zu haben. Nachdem sie sich als jüngste Danträgerin Österreichs in der japanischen Kampfsportart Judo feiern durfte, erzielte sie im Jahr 1990 den Titel der Bundesmeisterin.

 

Ihr Praktikum an einer Grundschule im japanischen Kurashiki hat diesbezüglich bestimmt schöne Erinnerungen geweckt.

„Es war ein großartiges Erlebnis und ich konnte es mit einem Judo-Trainingsaufenthalt in Tokio verbinden“, schwärmt Summer.

 

Das Ausland scheint es Ihnen angetan zu haben. Wo begann Ihre Unterrichtstätigkeit in Österreich?

„Ich begann an der Volksschule Matzen, unterrichtete anschließend einige Jahre an der ASO-Nord St. Pölten und wurde zudem als Integrationslehrerin in einer Mittelschule eingesetzt, bevor ich an der Volksschule St. Pölten, meiner Stammschule, sesshaft wurde.“

 

Startschuss an der KPH

„Die ersten Einheiten an der KPH im Fachbereich Mathematikdidaktik Primarstufe hielt ich bereits im Jahr 2004“, erzählt Summer. Sie startete mit drei Wochenstunden, da ihr heute 17-jähriger Sohn damals erst etwas mehr als ein Jahr jung war. Nach Abschluss des Doktorats erblickte Summers zweiter Sohn das Licht der Welt und ihre Familie war komplett.

 

Seit mittlerweile 11 Jahren sind Sie „Vollzeit-KPHlerin“. Verraten Sie uns Ihre genauen Tätigkeitsbereiche?

Ich arbeite im Bereich der Ausbildung in Lehre und Forschung, bin in der Lehre der Fort- und Weiterbildung u.a. als Dozentin in der Montessori-Diplomausbildung tätig, kümmere mich um die Betreuung von Studierenden sowie deren wissenschaftlichen Arbeiten, bin Mitglied in diversen Arbeitsgruppen wie beispielsweise die AG ‚Entrepreneurship Education und wertebasierte Wirtschaftsdidaktik‘ und erledige diverse organisatorische Tätigkeiten.

 

Was davon gilt für Sie als besondere Herausforderung?

„Aktuelle didaktische Entwicklungen zu begleiten und zu evaluieren, um einen Betrag zur Weiterentwicklung von Mathematikdidaktik zu leisten, gilt für mich als herausfordernde, aber unerlässliche Grundvoraussetzung, um die Studierenden auch im Wandel der Zeit dabei zu unterstützen, Mathematik mit Freude und Engagement ihren künftigen Schüler*innen zu vermitteln.“

 

Außerdem sei es äußerst abwechselnd und interessant, sich immer wieder neuen Themenbereichen zu widmen: „Sowohl die eigene Forschung als auch das Betreuen von Bachelor- und Masterarbeiten erlauben mir die regelmäßige Auseinandersetzung mit neuen Fragestellungen“, betont Summer.

Ihre Arbeitsbereiche klingen nicht weniger zeitaufwendig als spannend. Wie haben Sie es geschafft, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen?

„Ein Privileg an unserer Arbeit ist aus meiner Sicht die Zeiteinteilung. Ich hätte den Beruf sowie meine Aus- und Weiterbildung in dieser Intensität mit Familie nicht abwickeln können, wenn nicht die Möglichkeit bestanden hätte, Lehrvorbereitungen oder Forschungsarbeiten abends oder auch teilweise nachts erledigen zu können.“

 

„Nach der zweiten Tasse bin ich wach.“

Demzufolge ist völlig verständlich, dass Summers schönste Aktivität des Tages ihre erste Tasse Kaffee am Morgen sei, „wenn der Rest der Familie noch schläft“, schmunzelt die St. Pöltnerin. Sie genieße es, wenn sie in Ruhe munter werden könne: „Das ist frühestens nach der zweiten Tasse der Fall.“

 

Mit wem arbeiten Sie zusammen? Wer trinkt vielleicht die eine oder andere Tasse Kaffee mit Ihnen?

„Mit Kolleg*innen der MA-Didaktik auch anderer Pädagogischer Hochschulen und natürlich mit den Studierenden. Meine unmittelbare Vorgesetzte ist Institutsleiterin Isabella Benischek, die mir immer wieder mit Rat und Tat – oder auch einer Tasse Kaffee – zur Seite steht.“

 

Leider ist Vieles derzeit nur über Videokonferenzen möglich. Was hat sich bei Ihnen seit Covid-19 verändert?

„Mir fehlen die Pausen- und Ganggespräche mit den Kolleg*innen, die viele Inputs fürs Arbeiten bringen. Dies wird aktuell mit Telefonaten oder ‚pädagogischen Spaziergängen‘ kompensiert. Zu Beginn der Pandemie empfand ich es als angenehm, weniger Termine zu haben, mittlerweile bin ich aber – wie wohl die meisten von uns – definitiv wieder bereit für mehr Termine mit persönlichem Kontakt.“

 

„Ein Innovationsschub in Richtung digitaler Medien.“

Distance Learning habe laut Summer aber auch Positives zum Vorschein gebracht. Neben Videokonferenzen, die mittlerweile zur Normalität gehören, habe sie sich das Videoaufzeichnen und -schneiden beigebracht. Außerdem käme das Einsparen der Autofahrten der Umwelt zugute. „Handlungsorientiertes Ausprobieren von didaktischen Medien kommt dennoch zu kurz und es zeigt sich immer deutlicher, wie unverzichtbar unmittelbare Begegnungen in diesem Bereich sind“, bedauert die Abenteuerliebende, deren Rückflugticket neben ihrem Mann und einem guten Buch auf einer einsamen Insel auf keinen Fall fehlen dürfe: „Nach ein paar Tagen wäre mir die einsame Insel wahrscheinlich zu einsam und ich würde meine Buben, Familie und Freunde vermissen…“

 

Wie kann man sich Ihren Arbeitstag vorstellen?

„Meine Arbeitstage gestalten sich abhängig von Zeitpunkt und Dauer meines Online-Unterrichts sehr unterschiedlich. Zwischendurch werden Mails bearbeitet, Unterricht vor- und nachbereitet, Abschlussarbeiten betreut und an Forschungsprojekten oder Publikationen weitergearbeitet.“

 

Wie finden Sie ihren Ausgleich?

„Grundsätzlich verbringe ich gerne Zeit mit Familie und Freunden, genieße Wanderungen und Skifahren in den Bergen und lese viel. Wenn es mein Tag zulässt, versuche ich Sport einzubauen. Und bei meinen (fast) immer hungrigen Jungs verbringe ich gezwungenermaßen auch regelmäßig Zeit in der Küche. Je nach ‚Freistunden‘ im Homeschooling helfen sie – wenn auch nicht immer ganz freiwillig – mit.“

 

In diesem Zusammenhang fällt Summer ein weiterer positiver Effekt von Covid-19 ein und schmunzelt: „Mein Mann ist Unternehmer und arbeitet aktuell viel von Zuhause. Demnach schwingt auch er gerne den Kochlöffel. Somit verbringen wir eigentlich viel gemeinsame Familienzeit in der Küche.“ Als besonders privilegiert fühlt sie sich, zu jenen zu gehören, die in Zeiten von Lockdowns in einem Haus mit Garten leben dürfen: „Dafür bin ich extrem dankbar.“

 

„Persönliche Treffen haben neuen Stellenwert.“

Dankbar sei sie aber auch, wenn die Coronakrise vorübergeht und Eltern sowie Großeltern alles gut überstehen. Ebenso könne sie die „Normalität“ auch im Berufsalltag kaum mehr erwarten. Summer möchte neben Kolleg*innen vor allem auch ihre Studierenden wieder treffen: „Als Multiplikatoren für die nächsten Generationen müssen sie für das Fach Mathematik begeistert werden.“ Während einer Videokonferenz sei dies wesentlich schwieriger als im direkten Kontakt.

 

Demnach freut sich die neugierige, gesellige und proaktive Powerfrau schon sehr, bald wieder ihre „Jausenbox mit Obst und Schoki“ für die Arbeitstasche füllen zu dürfen, um sich auf ihren Arbeitsweg nach Krems, Strebersdorf oder Wien machen zu können. Dann wird wieder face-to-face Mathematik-Liebe verbreitet…